Neoformalismus und Animationsfilm

Sound

Als abschließendes Element arbeiten Bordwell und Thompson den Sound heraus, der Töne und Musik im Film umfasst. Mit Hinblick auf die Rekonstruktion des Films und den aktiven Zuschauer sehen sie im Sound ein Element, welches auch den natürlichen Erfahrungsgewohnheiten entspricht:

„Our primary information about the layout of our surroundings comes from sight, and so in ordinary life, sound is often simply a background for our visual attention.“ (ebd., 264).

In diesem Sinne sei auch der Sound eines Films neben dem primären Faktor des Films, des bewegten Bildes, ein begleitendes Element.⁠ Dieses Element des Films übernehme mit Blick auf Eisenstein mehrere Funktionen:

„More significantly, the engagement of hearing opens the possibility of what the Soviet director Sergei Eisenstein called ‚synchronization of senses‘- making a single rhythm or expressive quality unify both image and sound. Also, sound can actively shape how we perceive and interpret the image“ (ebd. 265).

Der Sound kann zudem im Film beispielsweise in Form von Offstimmen und Off-Geräuschen Orientierung oder auch Spannung schaffen, da etwas erklingt, was außerhalb des Bildbereichs liegt. Durch das Einfügen von Musikstücken können Szenen zusätzlich dramatisiert oder rhythmisch gemacht werden (vgl. ebd., 265f). Der Sound hilft daher über die auditive Ebene die Sinnzusammenhänge eines Films, beispielsweise durch bestimmte melodische Muster, zu unterstützen. In diesem Sinne können durch Sprache, Musik oder Geräusche zum einen Anschlüsse aber auch Irritationen und Brüche erzeugt werden:

„The rhythm, melody, harmony, and instrumentation of the music can strongly affect the viewer's emotional reactions. In addition, a melody or musical phrase can be associated with a particular character, setting, situation, or idea“ (ebd., 273).

Bordwell und Thompson unterscheiden beim Sound vier Dimensionen: Rhythm, Fidelity, Space und Time. Die Dimension des Rhythmus fragt nach der Koordination von Bild und Ton. Diese kann beispielsweise, wie beim sogenannten „Mickey-Mousing“ sehr direkt sein. Auf jede Bewegung folgt ein Ton (vgl. ebd., 276f). Die Dimension der Fidelity fragt nach der Passung von Bild und Ton. Sieht man beispielsweise einen Hund der bellt, so wäre ein Bellen das passende Geräusch. Jedoch ist es auch möglich, dass andere Geräusche, wie das Heulen einer Sirene eingefügt werden und somit verfremdend wirken könnten (vgl. ebd., 278). Bei der Dimension der Räumlichkeit beziehen sich Bordwell und Thompson zunächst auf die Trennung zwischen diegetischen (d.h. aus der Filmwelt stammenden) und non-diegetischen (d.h. die Geräuschquelle liegt außerhalb der Filmwelt) Sound (vgl. ebd., 278f). Beispielsweise können diegetische Geräusche, wie der Schall von Schritten, zu räumlichen Empfinden und der Perspektive beitragen. Auf der anderen Seite kann beispielsweise ein düsteres Musikstück oder eine Off-Stimme, welches nicht aus der Diegese entstammt gewisse Stimmungen und Interpretationen des Gesehenen beeinflussen. Hinsichtlich der Zeit machen Bordwell und Thompson die Unterscheidung zwischen synchronen und asynchronen bzw. simultanen und nicht-simultanen Sound. Durch synchrone Soundformate werden beispielsweise Vorwärtshandlungen begünstigt, während durch asynchrone Formate auditive Flashbacks und Flashforwards ermöglicht werden können (vgl. ebd, 288ff).

Durch die Kombination bzw. dem Zusammenspiel dieser Dimensionen des Sounds, können verschiedene Funktionen, wie beispielsweise das Kommentieren einer Szene, das Erzählen einer Geschichte durch eine Erzählerstimme, wiederkehrende Sound-Motive und die Ironisierung durch bestimmte Musikstücke realisiert werden (vgl. ebd., 293f).

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Der Animationsfilm