Neoformalismus und Animationsfilm

Mise-en-Scène

Alles, was vor der Kamera geschieht, wird unter dem Begriff der Mise-en-Scène (wörtlich übersetzt: in Szene setzen) zusammengefasst. Bordwell und Thompson teilen die Aspekte dieser in vier Teilbereiche ein:
  • Setting
  • Costumes and Makeup
  • Lightning und
  • Staging (Movement and Performance) (vgl. ebd., 115).

Setting

Das Setting beschreibt hierbei den Ort, an welchem die Handlung stattfindet. Hierbei ist der Aufbau des Settings wichtig, da durch dieses Verstehensprozesse geprägt werden können: „The overall design of a setting can shape how we understand story action“ (Bordwell/Thompson 2008, 117). Daher kann es im Film einen Unterschied machen, ob beispielsweise ein Wohnzimmer eher bieder eingerichtet ist oder in grellen Farben strahlt. Hinsichtlich der Untersuchung stehen nach Bordwell und Thompson der Aspekt der Ausstattung (sog. „props“) und der Farbgebung des Settings im Vordergrund. Die Ausstattung eines Settings kann verschiedene Formen annehmen. Zum einen kann sie beispielsweise einem Klischee entsprechen. Wenn daher Raum zu sehen ist, in dem sich ein Operationstisch mit Leuchter und Bestecktisch befindet, so liegt es nahe, dass das Setting ein Operationssaal sein könnte. Liegt nun in diesem Raum beispielsweise handelsübliches Werkzeug oder Spielsachen, so kann dem Setting eine bedrohliche oder ironische Konnotation gegeben werden.  Daneben kann auch die Positionierung von Objekten bedeutsam sein. Ist der OP-Tisch beispielsweise in einer Ecke verstaut, so kann dies darauf verweisen, dass der Raum kein OP-Raum mehr ist. Ist der Tisch dagegen in der Mitte des Raums, wird seine zentrale Bedeutung offensichtlicher; es ist daher ein OP-Raum. Zum anderen können aber auch die Farbgebungen der Wände, Möbel und anderer Objekte Kontraste oder Ähnlichkeiten im Setting herstellen und damit Bedeutungen beeinflussen (vgl. ebd. 117).


Kostüme und Makeup
Den sich im Setting sich befindenden bzw. handelnden Protagonisten kann über das Kostüm und das Makeup bestimmte Bedeutungen zu Teil werden und somit die Narration beeinflussen (vgl. ebd. 122). Zum einen können bestimmte Kostüme und Makeups Charaktereigenschaften der Protagonisten unterstreichen. Trägt daher ein Protagonist einen glatten schwarzen Anzug und eine Sonnenbrille und ist zudem konturlos geschminkt, so kann dies einen verschwiegenen Charakter unterstreichen. Mit Blick auf die Farbgebung und die Ausstattung des Settings kann das Kostüm eine Passfunktion erfüllen. Beispielsweise wird der Historienfilm erst durch entsprechende Kostüme einer Epoche (bspw. der Rokoko mit seinem verspielten und asymetrischen Kleidern) authentisch. Auf der anderen Seite können Kostüme auch eine verfremdende bzw. kontrastierende Wirkung entfalten und somit Charaktereigenschaften und Bedeutungen des Settings verändern und hervorheben. Wenn sich beispielsweise der Mann mit dem schwarzen Anzug im weißen OP-Raum befindet, so entsteht eine optische Trennung zwischen Setting und Protagonist. Jedoch könnte das weiß geschminkte Gesicht wiederum mit dem sterilen Hintergrund zu einer Verstärkung der Charaktereigenschaften (bspw. „eiskaltes“ Handeln) führen (vgl. ebd. 122f).

Licht
Die Mise-en-Scène wird zudem durch das Licht bestimmt. Diesem schreiben Bordwell und Thompson eine besondere Funktion zu, wenn es darum geht Eindrücke zu erzeugen: 

„Much of the impact of an image comes from its manipulation of lighting. In cinema, lighting is more than just illumination that permits us to see the action. Lighter and darker areas within the frame help create the overall composition of each shot and thus guide our attention to certain objects and actions. A brightly illuminated patch may draw our eye to a key gesture, while a shadow may conceal a detail or build up suspense about what may be present. Lighting can also articulate textures“ (ebd. 124).

Das Licht in einer Szene ist daher entscheidend wenn es darum geht Stimmungen zu erzeugen. Wenn der Mann im OP Saal hell ausgeleuchtet ist, kann dies das Kalte und Konturlose in der Szene unterstreichen. Wird aber der Mann in einem Spotlight gezeigt, so kann der Eindruck entstehen, es handle sich um ein Theaterstück. Ist die Szene dagegen in einer Low-Key-Beleuchtung gehalten können bestimmte Kontraste (z.B. des Gesichts) hervorgehoben werden (vgl. ebd. 130). Durch farbiges Licht wiederum könnte die beispielhafte Szene hingegen (mit rotem Licht) warm und mit blauem Licht) kalt wirken (vgl. ebd. 130f).


Staging
Der vierte Aspekt der Mise-en-Scène ist der des Stagings. Dieses umfasst die Bewegungen und die „Performance“, d.h. den Ausdruck der Protagonisten (vgl. ebd. 132). Diese können hinsichtlich der Charaktereigenschaften und des Handelns in einer Szene eine zentrale Rolle spielen. Bewegt sich beispielsweise der Protagonist im OP-Saal hölzern und ausdruckslos, so könnte man darauf schließen, dass dieser ein Roboter ist, welcher im OP-Raum gebaut wurde. Würde er gekrümmt humpeln und sein Gesicht vor Schmerz verziehen, so wurde es sich es sich wohl um einen verletzten Mann handeln, der in einem Krankenhaus Hilfe sucht. Hinsichtlich der Performance der Schauspieler kann auch die Lenkung des Blicks auf einen Gegenstand oder einen anderen Protagonisten Bedeutungen generieren (vgl. ebd. 138). Wenn der verletzte Mann im OP-Raum kein Verbandszeug findet, kann beispielsweise seine Niedergeschlagenheit durch einen starren Blick auf den leeren Schrank visualisiert werden.

Hinsichtlich der Mise-en-Scène ist festzuhalten, dass diese hinsichtlich der Erzeugung von Bedeutungen innerhalb einer Szene eine zentrale Rolle spielt. Durch sie können Grundstimmungen und bestimmte Eindrücke (Cues) erzeugt werden, die für die Entwicklung der Narration zentral sein können.


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