Neoformalismus und Animationsfilm

Sound

Hinsichtlich des Sounds nimmt Furniss eine grundlegende Anlehnung an Bordwell und Thompson vor (vgl. loudness, pitch, timbre). Jedoch weist Furniss auch auf Unterschiede zwischen dem Animationsfilm und live-action-Produktionen hin. Hierbei hebt sie die Momente „dialogue in animation“, „sound effects“ und „musical scores“ hervor.

Dialoque in animation
Grundsätzlich sind im Gegensatz zum live-action-film alle Geräusche aufgenommen. Hinsichtlich des Dialogs im Animationsfilm, müssen daher bei der Synchronisation die animierten Mundbewegungen mit den gesprochenen Silben und ihren Akzentuierungen (z.B. geschriehen, geflüstert, liebevoll oder wütend) übereinstimmen (vgl. Furniss 1998, 86). Jedoch stellt Furniss auch fest, dass die Mundbewegung an sich einen sekundären Charakter einnimmt. Erst durch das Zusammenspiel beispielsweise mit Gesten wie einer geballten Faust als Ausdruck für Wut, wird der Stimme ein visueller Ausdruck verliehen. Furniss nennt dies eine „prepatory gesture“, durch die ein Animationsfilm Empathie schaffen könne (vgl. Furniss 1998, 86). Daher wird beispielsweise die Aussage „Nein“ einer Figur verstärkt bzw. ihr wird mehr Bedeutung verliehen, wenn man dieser Aussage ein Stampfen mit dem Fuß voranstellt.

Daneben sei auch die Stimme des Sprechers, welcher die Figur synchronisiert, zentral, da diese der Figur durch Stimmlage und Sprache Charaktereigenschaften gebe. Hierbei verweist Furniss auch auf den Einsatz bereits bekannter Stimmen von Schauspielern, welche zur Unterstreichung bestimmter Charaktereigenschaften (d.h. deren Wiedererkennen in der Stimme) und aus Marketingzwecken eingesetzt werden (vgl. Furniss 1998, 87f).

Sound Effects
Den Soundeffekten misst Furniss eine hohe Bedeutung für die Atmosphäre eines Animationsfilms bei. Hinsichtlich der Detailliertheit der Soundeffekte stellt Furniss fest, dass diese auch wirken, wenn diese einfach gehalten sind:

„Sound effects need not be layered and complex – or humorous – to provide a deep level of meaning and greatly impact the visuals of a film. On the contrary, a relatively simple mix of sounds can serve to heighten the drama or suspense of a scenario“ (Furniss 1998, 89).

Mit Blick auf die „Roadrunner“-Cartoons, in welchen ein Kojote einen ständig rennenden Vogel fangen möchte und immer wieder scheitert, wird deutlich, dass diese erst über die Soundeffekte lebendig werden (z.B. erklingt beim Herunterfallen ein pfeifendes Geräusch) und das Bild zugleich eine Räumlichkeit erfährt (d.h. das Geräusch setzt sich im Off-Screen fort und verdeutlicht damit den Abgrund, in den der Kojote fällt).












Im Kurzfilm Balance (1989) von Christoph und Wolfgang Lauenstein wird durch die Soundeffekte eine dramatische Atmosphäre aufgebaut, während der visuelle Stil minimalistisch gehalten ist.

Musical Scores
Neben Dialoginszenierungen und Soundeffekten spielen für Furniss auch die sogenannten „musical scores“, also die musikalische Begleitung eines Animationsfilms eine wichtige Rolle. Beim Zusammenspiel zwischen Bild und Musik macht sie verschiedene Typen aus. Mit Blick auf den Film „Fantasia“ (Disney 1940), stellt sie ein Format vor, in welchem Bild und Ton eine gleichberechtigte, einander ergänzende Symbiose eingehen (vgl. Furniss 1998, 92). 

Ein weiterer Typ ist das „Mickey Mousing“, bei dem das Bild bzw. das Handeln einer Figur maßgeblich den Ton bestimmt. Ein klassisches Beispiel ist der Animationsfilm „Steamboat Willie“ (Disney 1928), in dem durch die Hauptfigur Mickey Mouse, die Musik erzeugt wird. So erzeugt die Figur beispielsweise durch eine Ziege oder auf den Zähnen einer Kuh Musik (vgl. Disney 1928, 00:04:13f).

Als Gegenteil davon sind Formate zu sehen, in welchen maßgeblich die Musik den Verlauf der Handlung bestimmen. Hierbei nennt Furniss als Beispiel die ebenfalls von Disney produzierten „Silly Symphonies“. Im Kurzfilm „Three little pigs“ (Disney 1933) wird beispielsweise anhand eines musikalischen Themas, welches verschiedene Variationen erfährt, die Geschichte von den drei kleinen Schweinen und dem Wolf erzählt. Markant ist hierbei, dass durch die Dominanz der Musik die Bilder eine Rhythmisierung erfahren.

Mit Blick auf Bordwell und Thompson, welche das Visuelle des live-action-Films hervorheben und den Sound als sekundär sehen, spielt der Sound im Animationsfilm eine gleichgestellte Rolle, welche zudem auch dominant sein kann. Beispielsweise wird im Animationsfilm „Interstella 5555“ (Matsumoto/Takenôchi 2003) die Story anhand des Musical Scores, welcher aus dem Album „Discovery“ der Band Daft Punk stammt, eine Geschichte erzählt. Hierbei sind Soundeffekte nur sehr selten und Dialoge gar nicht vorhanden.

Picture
Startseite
Picture
nach oben
Picture
Structural Design